30 Jahre GFB - der Heimverbund im Wandel der Zeit

Mitte April trafen sich sieben „alte Hasen“, also Mitarbeitende die seit 30 Jahren und länger im Heimverbund in der Märkischen Schweiz arbeiten, um in einer gemütlichen Runde zu plaudern und in Erinnerungen zu schwelgen.

30JahreinderGFBIngo Reichel (Hausmeister), Ines Städing (Erzieherin), Dagmar Bengs (Erzieherin), Heike Piotrowski (Erzieherin), Beate Mrosk (Erzieherin), Silke Voigt (Hauswirtschaftskraft) und Jana Bäsell (ErzieherinDer Arbeitsauftrag war ursprünglich, einen Artikel für das GFB-Magazin zu schreiben und wurde zunächst mit der Frage: „Was soll man denn da erzählen?“ etwas skeptisch angegangen. Aber dann ging es los! Es sprudelte nur so aus allen heraus und am häufigsten fiel der Satz: „Weißt du noch…?“ Jeder hatte Anekdoten zum Schmunzeln und Staunen zu erzählen und die Zeit verging wie im Flug.

Wir blickten zurück auf das Jahr 1994, als es noch das „Haus Tornow“ mit vereinzelten Außenwohngruppen in Pritzhagen und die „Weiße Taube“ in Bollersdorf gab. Die Einrichtungen waren zu diesem Zeitpunkt in Landeseigentum und wurden von der GFB übernommen.

Beim Erzählen fielen Begriffe wie Nähstube, Nachtwachen, Speisesaal, Gemeinschaftsküche oder Krankenschwester. All das prägte zu dieser Zeit noch das Bild der Einrichtungen.

Allmählich wurden in den einzelnen Wohngruppen Küchen installiert, so dass selbständig und individuell gekocht werden konnte. Jede Gruppe bekam eine Hauswirtschaftskraft, die sich nun hauptsächlich um die Wäsche, das Essen sowie der Reinigung der Räume. Außerdem dachte sich jede Gruppe einen eigenen Namen aus, vorher hatten sie nur Nummern. Es klingt doch viel schöner, wenn Kinder sagen, ich wohne im „Seeblick“, im „Regenbogen“ oder im „Fuchsbau“.

Im Jahr 1998 wurde das „Haus Tornow“ in Pritzhagen geschlossen und die „Weiße Taube“ war endgültig das Stammhaus des Heimverbundes, mit Sitz der Verwaltung und Einrichtungsleitung. Es siedelten sich immer mehr Außenwohngruppen, Erziehungsstellen und Betreutes Jugendwohnen in der Umgebung an.

Zu den großen Veränderungen zählen auch die Umstellung von Kohle- auf Ölheizung und der Umbau der ehemaligen Turnhalle zum immer noch existierenden Freizeithaus. Dieses nutzen wir heute für kleinere Veranstaltungen, das Coolnesstraining, die Physiotherapie, zum Billardspielen u.v.m.

Das jetzige „Hexenhaus“ mit der Elternwohnung wurde einst als private Wohnung, dann als Mutter- Kind- Wohnen und später für Therapien genutzt. Auch hier wurde kräftig umgebaut.

Wenn viele Jahre fast ausschließlich nur Jungen in unseren Wohngruppen lebten, so kamen immer mehr Mädchen dazu. Die Gruppen durchmischten sich und wurden auch deutlich kleiner. Von anfangs zehn Betreuten sind in den Gruppen jetzt sechs bis max. neun Mädchen und Jungen. Dadurch konnten auch Zimmer mit einer dreier oder vierer Belegung verschwinden und Ein- und Zweibettzimmer geschaffen werden.

Wir waren uns beim Erinnern an diese Veränderungen alle einig, dass es den Mitarbeitenden schon immer gelungen war, freundliche und wohnliche Räume zu gestalten. Jetzt sind sie viel persönlicher eingerichtet. Auch in den sanitären Räumen veränderte sich durch Umbaumaßnahmen so Einiges, es wurde moderner und keine Spur mehr von großen Duschräumen.

Die Autonomie der Gruppen nahm stetig zu. Heute ist es selbstverständlich, dass die Gelder zum größten Teil selbst verwaltet werden und ein Mitspracherecht bei Neuanschaffungen besteht. Wenn es vor 30 Jahren noch „normal“ war, dass die Erwachsenen für die Kids entschieden haben, so können wir heute stolz sagen, dass bei uns Partizipation gelebt wird. Dafür stehen u.a. die Gruppenrunden, die Arbeit des Sprecherrats oder die zahlreichen gemeinsamen Aktivitäten.

Unsere Einrichtungen gehörten damals zu den sogenannten Sonderkombinaten oder Spezialkinderheimen und die Kinder besuchten alle die eigenen Förderschulen, in Pritzhagen und eine Zeitlang auch noch in Bollersdorf. Da zählte es zur täglichen Arbeit der Erzieher*innen die Kinder am Morgen persönlich in die Schule zu begleiten und dem Lehrer zu übergeben. Es war für alle ein großer Schritt, als sich diese Situation lockerte und die Kinder und Jugendlichen nach und nach umliegende Schulen oder Kindertageseinrichtungen besuchen konnten.

Was zunächst ein klares Tabu war, begann sich Anfang der neunziger Jahre mehr und mehr durchzusetzen: Tierhaltung. Im „Fuchsbau“ fand Kater Bommel ein neues Zuhause und in Bollersdorf siedelten sich zeitweilig Ziegen, Hühner, Katzen und Kaninchen an.

Auch für uns Mitarbeitende hat sich ein deutlicher Wandel in den letzten 30 Jahren vollzogen. Wir erinnerten uns da zum Beispiel, dass 1994 der Manteltarifvertrag als Grundlage für die Arbeitsverträge eingeführt wurde. Später war es die Basisentgeltordnung und heute der Tarifvertrag der PTG. Die Arbeitszeitmodelle veränderten sich, wurden familienfreundlicher und die Möglichkeit der Teilzeitarbeit ist inzwischen Standard.

Anfangs waren Nachtwachen eingesetzt und Erzieher*innen kamen zum Frühdienst und später nochmal zum Spätdienst. Das änderte sich schnell, indem die Erzieher*innen auch über Nacht blieben, in den Haupthäusern zunächst zwei Kolleg*innen für das ganze Haus. Jetzt ist es selbstverständlich, dass in jeder Gruppe ein Erzieher in der Nacht für die Kinder da ist.

Die Teams wurden größer und passten sich damit auch den Bedürfnissen der Betreuten und den gestiegenen Anforderungen an. Es interessierten sich auch immer mehr Männer für den Beruf des Erziehers oder Sozialarbeiters und verstärken die Teams.

Wir stellten fest, dass die Anzahl der Termine, die mit den Betreuten wahrgenommen werden müssen, stark gestiegen sind und mehr Zeit und Personal beansprucht. Dafür haben wir nun auch deutlich mehr Fahrzeuge zur Verfügung. Wo anfangs noch ein Barkas oder Wartburg (wer nicht mehr weiß, was das sein soll, kann gerne Googlen:) pro Einrichtung bereit stand, sind mittlerweile alle Gruppen mit einem eigenen PKW ausgerüstet.

Wir mussten bei aller Veränderung zum Positiven feststellen, dass sich die Infrastruktur deutlich verschlechtert hat. Es gibt weniger öffentlichen Nahverkehr (gerade am Wochenende) und zum Einkaufen muss man auch längere Wege in Kauf nehmen.

Das Aufgabenfeld eines Erziehers hat sich sehr gewandelt. Zu einer umfassenden Betreuung der Kinder und Jugendlichen gehören inzwischen Digitalisierung, Dokumentation, Kassenabrechnung, Medienpädagogik, Sexualpädagogik, Elternarbeit und einiges mehr selbstverständlich dazu.

Gleiches gilt auch für die Arbeitsbereiche der Hausmeister oder Hauswirtschaftskräfte. Alle gehen mit der Zeit und sind sich der wachsenden Bedeutung und Verantwortung ihres Berufes bewusst.

Wir erinnern uns gerne an die Menschen zurück, die in all den Jahren unsere Einrichtung leiteten und mit uns gemeinsam zu dem machten, was sie jetzt ist: Ein Ort für Kinder und Jugendliche, an dem sie sich sicher und geborgen fühlen können.

Da gab es Herr Dr. Linsener, Frau Dulle, Frau Redlich, Herr Hemker bis hin zu heute, wo Herr Götze die Fäden in der Hand hält.

Der Heimverbund ist auch ein Ort, an dem wir Mitarbeitende gerne sind. Wie sonst wäre es möglich, dass wir bereits seit über 30 Jahren hier arbeiten. Wir konnten miterleben, wie sich Veränderungen vollzogen haben, Menschen kamen, wieder weiterzogen oder geblieben sind und wie sich das Bild des „Heimes“ in der Öffentlichkeit wandelte.

Wenn es nach uns geht, könnten wir hier noch eine ganze Weile weitererzählen! Einiges konnten wir nur anreißen und bestimmt haben wir auch etwas vergessen, aber dann würden wir mit unseren Geschichten und Erlebnissen aus 30 Jahren GFB ein ganzes Magazin allein füllen. Deshalb schließen wir hier erst einmal ab und danken der GFB und der Stiftung Großes Waisenhaus zu Potsdam für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren und freuen uns auf die nächsten Jahre!

Ingo Reichel (Hausmeister), Ines Städing (Erzieherin), Dagmar Bengs (Erzieherin), Heike Piotrowski (Erzieherin), Beate Mrosk (Erzieherin), Silke Voigt (Hauswirtschaftskraft) und Jana Bäsell (Erzieherin)

GFB Geschäftsstelle

GFB – Gemeinnützige Gesellschaft zur Förderung Brandenburger Kinder und Jugendlicher mbH

Dortustraße 36
14467 Potsdam

Tel. +49 331 27 90 90
Fax +49 331 27 90 922
Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
www.gfb-potsdam.de

Unsere Standorte

Gesellschafter

Logo Stiftung Gr Waisenhaus cmyk weiss

 

Freie Plätze in ausgewählten Angeboten
unserer Einrichtungen.
Mit diesem Link verlassen Sie die Website der GFB.